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Doppelstrahlenkegel

Warum sind Doppelstrahlenkegel-Reliefs stets als Positiv-Negativ gepaart? Eine Hypothese.
Spitze zu Spitze Kegel, Sanduhr/Eieruhr Form
04.07 2018    P. Seidel

Inhalt
Zur Entstehung von Strahlenkegeln (shatter cones) gibt es viele Veröffentlichungen, die verschiedene Fragen ihrer Entstehung behandeln. Hier wird eine Hypothese aufgestellt, warum bei Strahlenkegel-Reliefs, die Spitze an Spitze angeordnet sind (Sanduhr-Form), die beiden dazugehörigen Einzelkegel immer Positiv-Negativ-Paare sind. Dazu wird unterstellt, die gefundenen sichtbaren Reliefs sind Teile ursprünglich entstandenener mehr oder weniger vollständiger dreidimensionaler Doppelstrahlenkegel. Diese Annahme ist erforderlich, weil die Existenz solcher Doppelkegel nicht durch Funde belegt ist. Auch liegt der Entstehungsmechanismus für solche 3D-Doppelkegel im Dunklen. Die Hypothese zu den Positiv-Negativ-Reliefs deutet deren Entstehung mit dem mechanisch bevorzugten Zerbrechen eines eingebetteten 3D-Doppelkegels entlang jener Mantelflächenteile, die nahe einer gemeinsamen Bruchebene (Teilungsebene) bei der Freilegung der Doppelstrahlkegel liegen.

Einführung
Strahlenkegel, die beim Einschlag großer Meteoriten entstehen, liegen meist in Form von mehr oder weniger ausgeprägten Reliefs vor. Sie befinden sich positiv (erhaben), oder negativ (eingesenkt) auf Bruchflächen vom Trümmern des gewachsenen Gesteins, oder an autochthomem Gestein (unbewegt im Gesteinsverband). Seltener gefunden werden komplett freigestellte 3D-Strahlenkegel, an denen sich nur noch Reste von nicht mit Strahlenkegel-Feinstrukturen bedecktem Umgebungsgestein befinden. Ihnen fehlt praktisch immer die Spitze, was durch die mechanische Einwirkung bei der Freistellung des Kegels erklärbar ist. Zur Unterscheidung werden in diesem Artikel die Bezeichnungen Teilstrahlenkegel und Vollstrahlenkegel verwendet.


Abb.1 Doppelstrahlenkegel


Noch rätselhafter ist die Beobachtung (diesen Hinweis verdanke ich verschiedenen Wissenschaftlern), im Zentrum eines Doppelstrahlenkegels sehr häufig Jura-Ammoniten zu finden. Auch im Foto (Abb.1) ist zwischen den beiden Kegeln ein Abdruck zu finden, der von einem glattschaligen Ammoniten stammen könnte. Der ganze Doppelstrahlenkegel-Abdruck auf diesem Bild erweckt den Eindruck, es könnte sich hier sogar um ZWEI benachbarte, bzw. sich überlappende DOPPELKEGEL handeln. Auch die rautenförmige Begrenzung im Mittelbereich könnte das Produkt solch einer Überlagerung von zwei Doppelkegeln sein.
Komplett freigestellte Doppel-Vollstrahlenkegel in Spitze zu Spitze Orientierung kann man nicht finden, weil die fragile Form dies nicht erlaubt. Man ist daher nur auf Reliefs angewiesen, die ein mögliches Vorhandensein solcher Komplett-Doppelstrahlenkegel vermuten lassen. Es ist mir nicht bekannt, ob es Funde von Doppelstrahlenkegeln gibt, die zwar teilweise eingebettet sind, aber doch genügend Mantelfläche der beiden Kegel zeigen, um die Existenz von Komplett-Doppelstrahlenkegeln zu belegen.
Für die Überlegungen zu Doppelstrahlenkegeln in diesem Artikel wird von zwei Szenarien ausgegangen.
Fall 1. Es gibt Doppel-Teilstrahlenkegel-Reliefs als Teile von kompletten 3D-Doppelstrahlenkegeln.
Fall 2. Es gibt Doppel-Teilstrahlenkegel–Reliefs, die ohne die Existenz eines tatsächlich kompletten Doppel-Vollstrahlenkegels entstanden sind. Mit anderen Worten, sie sind nur so groß wie der Teil, den man sieht. Kein weiterer Teil eines kompletteren oder ganzen Kegels hat je existiert.
Die Entstehung von Spitze zu Spitze Teilstrahlenkegeln oder Spitze zu Spitze Vollstrahlenkegeln ist ungeklärt.

Positiv-Negativ Paarung
Ein besonderes Merkmal von Doppel-Teilstrahlenkegel-Reliefs gemäß Fall 1 und Fall 2 ist die Tatsache, dass einer der beiden Teilkegel stets positiv (nach oben), der andere negativ (nach unten) vorgefunden wird. Dieser Artikel stellt eine Hypothese zur Entstehung dieser plus/minus Anordnung vor für den Fall der Existenz von kompletten Doppelkegeln. Diese Deutung ist jedoch auch auf Fall 2 übertragbar, ohne Grundlage eines kompletten Doppelkegels.
Vermutungen, wie sie hier diskutiert werden, sind natürlich unter dem Vorbehalt der ungeklärten Entstehung solcher Gebilde zu sehen. Vielleicht können sie aber auch einen Beitrag zur Frage leisten, wie gegenläufige Doppelstrahlenkegel (komplett gedacht oder nur als Relief) tatsächlich entstehen konnten. Immerhin weiß man, dass in autochthomem Gestein (unbewegt im Gesteinsverband, so, wie das Gestein entstanden ist) die Spitzen von Strahlenkegeln bevorzugt zum Ausgangspunkt der Druckwelle weisen. In herausgebrochenem Fels (allochthon, gegenüber der Gesteinsentstehung bewegt) kann man dagegen oft feststellen, dass die Orientierung der dort freigelegten, aber mit dem Felsbrocken verbundenen Teilstrahlenkegel vielfältig ist. Man muss davon ausgehen, dass im Chaos des Einschlags zwar Richtung bzw. Richtungssinn der Druckwellen bevorzugt entstehen, aber durch viele weitere Effekte wie Reflexion, Interferenz, Beugung, Sekundärwellen usw. Teilbereiche von den Hauptrichtungen abweichen.
Die Druckwellenverteilung wird auch deswegen niemals 'ideal' sein, weil der auslösende Meteorit durch seine Ausdehnung die Druckwelle nicht 'punktuell' auslöst.

Abb. 2 Doppel-Teilstrahlenkegel (Ursprung: kompletter Doppel-Vollstrahlenkegel (Fall 1)

Jeder im Gestein befindliche Strahlenkegel verrät seine Existenz erst, wenn das Gestein zerbrochen wird, z.B. durch mechanische Einflüsse, oder beim Zersprengen durch Frost. In beiden Fällen stellen die Strahlenkegelflächen mechanische Schwachstellen dar, die sich nach der Entstehung der Kegel beim Zerbrechen des Gesteins bevorzugt in der Bruchebene (Spaltebene) befinden.

Entstehung Positiv-Negativ Paarung der Reliefs
Diese Hypothese geht davon aus, dass bei einer mechanischen Beanspruchung ein Bruch von H ausgehend (Abb.3) entlang eines Teils der Kegelmantelfläche von Kegel 1 in der Abb.2 bis zu dessen Spitze S stattfindet (im -y-x Quadranten) und sich dann gradlinig am Kegelmantel des Kegels 2 bis über H1 weiter ausbreitet. Dieser Bruch-Teil liegt im +x+y Quadranten.


Abb.3 Doppelstrahlenkegel Spitze an Spitze mit Kegel 1 und Kegel 2 im Schnitt

Das auf der Bruchebene befindliche Relief vom Doppelkegel besteht daher (Blick in Richtung der schwarzen Pfeile auf die Bruchebene, Abb. 3) aus einem Negativ (von Kegel 1) und einem Positiv von Kegel 2.
Wären beide Abdrücke Positive (oder beide Negative), dann hätte die beim Zerbrechen entstehende Bruchebene an der gemeinsamen Kegelspitze S die Richtung ändern müssen (roter Pfeil mit Fragezeichen in Richtung G = Mantellinie von Kegel 2). Die Bruchebene müsste im Bereich der Spitze S abknicken. Das ist möglich, scheint aber selten zu geschehen, da es keine Fundstücke dazu gibt, soweit mir bekannt ist.
Wenn die eben geäußerte Vermutung zutrifft, wäre auch plausibel, dass sich oft das Zentrum S nicht im gefundenen Doppel-Relief befindet, weil der Nahbereich von S keine ausgeprägte Schwachstelle darstellt, der Bruch also nicht unbedingt dort durchgehen wird.
Eine Folge dieser eben beschriebenen Hypothese ist, dass man beim Betrachten eines Reliefs eines Teil-Doppelstrahlenkegels (Abb. 1 am Seitenanfang), sich von der Vorstellung frei machen muss, der Bruch sei parallel (aber neben) der Rotationsachse erfolgt. Dem widerspricht der flache Winkel der Verbindungslinie zwischen höchster und tiefster Stelle des Reliefs gegen die Bruchebene des Handstücks). Dieser flache Winkel kann nur entstehen, wenn die Rotationsachse des Doppelstrahlenkegels stärker gegen die Bruchebene geneigt ist.
Erst durch die Berücksichtigung der Hypothese, dass der Bruch nahe den (der Rotationsachse gegenüberliegenden) Mantellinien der Kegel erfolgt, die Rotationsachse im betrachteten Bruch (Abb. 1) auf der linken positiven Kegelseite also stark nach unten, auf der rechten negativen Seite entsprechend weit in Richtung Betrachter gekippt ist, erklärt den flachen Winkel.
Wenn ein Doppelstrahlenkegel beim Aufspalten entlang der Rotationsachse zerbrechen würde, was wegen höherer Stabilität dort eher unwahrscheinlich ist, wären keine Teilstrahlenkegel sichtbar, weil die die Bruchebene die Mantelflächen der beiden Kegel senkrecht schneiden würde.

Der Bruch eines Doppelstrahlungskegels ist also immer zur Rotationsachse geneigt, der Winkel liegt nahe dem halben Öffnungswinkel der beiden Kegel, weil dort in der Summe das Spalten des Gesteins beim Bruch am leichtesten erfolgt.

Teilstrahlenkegel ohne Beteiligung eines ganzen Strahlenkegels (Fall 2)
Im Fall 2 ist die Entstehung des Doppelkegels ebenso wenig bekannt wie im Fall 1. Jedoch wirft hier die Frage der Entstehung der zwei Teilstrahlenkegel, ohne Beteiligung eines ganzen Doppelstrahlenkegels, ein differenziertes Licht auf dessen Entstehen beim Einschlag des Meteoriten. Wie können von einem Punkt aus ein örtlich begrenzter Doppel-Teilstrahlenkegel entstehen, einer davon positiv, der andere negativ?

Gedanken zur Entstehung von Doppelstrahlenkegeln
Gängige Vorstellung von der Entstehung einfacher Strahlenkegel ist, dass die beim Einschlag entstehende Druckwelle sich bevorzugt nach oben und nach unten ausbreitet, vielleicht z.T. auch kugelförmig. Am Ort der Strahlenkegelbildung kann man sie als ebene Welle betrachten. Sie trifft auf eine Störung des Gesteins, von der aus dann die sekundäre Druckwelle sich strahlenförmig weiter ausbreitet und dabei einen Kegel erzeugt.
Ungeachtet der Tatsache, dass Druckwellen bei einem Meteoriteneinschlag Vorzugsrichtungen aufweisen, wie an allochthonem Gestein zu erkennen ist, bei denen Strahlenkegel mit ihren Spitzen zum Einschlagszentrum weisen, müssen in bestimmten Bereichen auch ganz verschiedene Richtungen mit ganz unterschiedlichem Richtungssinn geherrscht haben. Das belegt eine Fundvielzahl von Strahlenkegeln, deren Spitzen auf einem gemeinsamen Felsstück verschieden orientiert sind. Nicht nur das, auf engstem Raum weisen Spitzen sogar in entgegen gesetzte Richtungen und, um ihre Entstehung noch unverständlicher zu machen, existieren Kegelpärchen als Doppelkegel mit gemeinsamer Mittelachse, sowohl in Spitze zu Spitze, als auch in Basis zu Basis Orientierung.
Die Fragen der Druckwellenverteilung bei einem Impakt und die Entstehung von Strahlenkegeln ist in vielen Teilen unklar und ob sie jemals geklärt werden können ist unsicher. Leider sind die Bedingungen eines Impaktes kaum nachzustellen. Simulationen mit Gasdruckkanonen, Sprengversuche, bzw. die Funde nach Atombombenversuchen liefern nur begrenzte Antworten. Gerade die Entstehung von Doppel-Strahlenkegeln ist von der Erklärungsnot zur Entstehung betroffen. Es sind mehr oder weniger atemberaubende Spekulationen zur Druckverteilung und dem Entstehungsmechanismus nötig, um ein Mindestmaß an 'Vorstellung' vom Geschehen bei der Doppelstrahlenkegel-Bildung zu bekommen. Die Entstehung von Doppelstrahlenkegeln sowohl in Spitze zu Spitze als auch in Basis zu Basis Anordnung entzieht sich zur Zeit der Deutung.

Einige Spekulationen zur Strahlenkegelentstehung:
1. Strahlenkegel könnten auch unter nicht bekannten Bedingungen von der Störungsstelle aus SENKRECHT zur Richtung der Druckwelle entstehen.
2. Druckwellen könnten gegeneinander gerichtet sein und Strahlenkegel von der Störstelle aus parallel zur Stoßfront entstehen. Also wie bei 1. senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der primären Druckwellen.
3. Druckwellen könnten zu einem Fokuspunkt/Fokusbereich hin fokussiert existieren (siehe Pkt.4)
4. Könnten manche Strahlenkegel von der Basis her entstehen, und nicht von der Spitze aus? Dann könnte die Energie der Stoßwelle nach dem Entstehen des ersten Kegels in der Spitze noch groß genug sein, einen zweiten Kegel zu bilden. Dieser müsste dann kürzer als der erste sein...
Oder, die Strahlenkegel Feinstrukturen könnten vielleicht eine gemeinsame Richtung der Entstehung der Doppelstrahlungskegel erkennen lassen...

Literaturzitate werden noch nachgetragen.

Veröffentlicht 07.07.2018

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